Motorumbau von om616 auf om314

Mitten in einer Zeit in der die Wünsche und to-do-Liste viel zu schnell länger wurden (Kernsanierung, Hochdach rauf, neuer Ausbau) und das Abarbeiten sich als immer aufwändiger erwies, tauchte quasi am Horizont ein passender Düdo auf: 20km von unserem Halle entfernt, OM314, kurzer Radstand und Schlachterpreis. Angerufen, Verabredet, vorbeigefahren, Probefahrt gemacht. Tja, wer DüDo nur mit om616 gefahren ist und plötzlich in einem kurzen, leeren om314 DüDo sitzt und Gas gibt, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen. Mit Vernunft jedenfalls hat unser DüDo Projekt genauso wenig am Hut wie der Papst mit Verhütungsmittel, also gekauft, nach Hause gefahren und der Frau Beichte abgelegt.

Der Bus hatte schweizer Papiere, bei welchen keine Erstzulassung aufgeführt wird. Frühes Baujahr war beim Kauf klar, auch wenn aus den Unterlagen kein Baujahr hervor ging. Also Datenkarte bei Benz angefordert und festgestellt, dass der Bus 01/1968 ausgeliefert wurde. Da die 309 Baureihe erst ab 1968 mit OM314 ausgeliefert wurde, war klar das der Bus einer der ersten mit om314 gewesen sein musste und somit eigentlich zu schade zum Schlachten war. Leider hatte weder Mercedes Classic noch andere Anlaufstellen Interesse an diesem Bus und eine weitere Restauration stand völlig außerfrage. Also musste das Fahrzeug doch als unser Spender herhalten.

Nach diesem kurzen Vorgeplänkel versuche ich die folgenden Punkte hier abzuarbeiten:

  1. semi-detailiert was umgebaut werden muss,
  2. was wir dabei noch überholt haben,
  3. welche Schwierigkeiten (in unserem Fall) zu bewältigen waren
  4. was der Spaß so als Größenordnung kostet und
  5. wie lange wir gebraucht haben/Fazit.

semi-detailiert was umgebaut wurde

 

Der Motorumbau beim Düdo also beim Mercedes L407D ist eigentlich der Umbau des ganzen Antriebsstrang, weil der originale om616 Motor eine völlig anderes Drehmoment, max. Drehzahl und Gewicht hat. Also musste neben dem

  • Motor auch das
  • Getriebe (zzgl. Untere Rahmenverstärkung, Motor/Getriebelager und ggf. vordere Rahmentraverse),
  • die Vorderachse,
  • die Hinterachse,
  • die Kardanwelle, das Lenkgetriebe zzgl. der Lenksäule,
  •  die Elektrik für den 24v Starter,
  • ggf. die Blattfedern und andere Kleinigkeiten (Leerlaufregler, Tachoantriebswelle) getauscht werden.

Neben diesen Tauscharbeiten bietet sich natürlich auch immer gleich die Möglichkeit einige Teile zu überholen, wenn man diese schonmal in der Hand hat. Allerdings ist es auch keine einfache Frage wo man anfängt und wo man aufhört bei der Überholung der Teile. Dies ist vor allem eine Frage des Zustands des Schlachters, des Budget, der Zeit und auch der eigenen Möglichkeiten. Das kann definitiv ausarten und man sollte sich dann eventuell auch mal wieder fragen, wann man eigentlich fertig werden möchte bzw. ob die Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Neben eigenen Entgleisungen können aber auch beim „schonmal in der Hand haben“ unerwartete Überraschungen dem Budgetplan und oder Zeitplan zerhacken.

Bei der Überführung unseres Fahrzeugs war vieles unauffällig, aber leider war diese mit 20km auch relativ kurz, sodass keine größeren Rückschlüsse bspw. auf den Ölverbrauch, Geräusche oder andere Auffälligkeiten gemacht werden konnten.


Was wir dabei noch überholt haben,

 

Um es vorweg zu nehmen, wir hatten definitiv Probleme mit der Verhältnismäßigkeit und wussten nicht so genau wo wir aufhören sollten. Die Technik hatte mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel und deswegen hätte ich am liebsten alle Gummiteile getauscht…

Bei den Blattfedern haben wir die Herzbolzen gezogen, die Federlagen mit der Zopfbürste entrostet, mit Fertan behandelt und mit Graphitfett wieder zusammengebaut. Anschließend haben wir die alten Buchsen ausgetrieben, neue Edelstahlbuchsen mit Kupferpaste eingetrieben und mit frischen Gummis, Vaseline und neuen Muttern montiert.

Das Getriebe hat frisches Öl und eine neu Kunststoffbuchse für die Schaltstange bekommen. Des Weiteren wurde ein neues Ausrücklager, eine neue Kupplungsscheibe, eine neue Druckhalteplatte, ein neues gekapseltes Pilotlager, neue Dehnschrauben am Schwungrad und ein neuer Kupplungsnehmerzylinder samt selbst gebördelter Leitung und Schlauch verbaut.

Am Motor haben wir einen neuen Luftpresser (Unterdruckpumpe für Bremskraftverstärker) montiert. Zudem wurden überholte Einspritzdüsen samt Flammscheiben, eine neue Ventil Deckel Dichtung, eine neue 100A Lichtmaschine, eine neue Wasserpumpe, ein neuer Keilriemen, ein neue Ölwannendichtung samt Anschluss für Luftpresser, neue Kugelköpfe am Gasgestänge, eine neue Rückholfeder ESP und neue Gummis für die Dieselleitungen durch den Ventildeckel verbaut. Ach und die Ventile haben wir auch eingestellt, nachdem wir eine vergurkte Schraube an eine Ventilfeder getauscht haben. Öl und Filterwechsel genauso wie neuen Kraftstoffhaupt- und Vorfilter waren selbstverständlich. Die vorderen und hinteren Motorlager wurden durch neue ersetzt, wobei wir vorne auf die modernen Motorlager zur Vibrationsminderung umgebaut haben.

Die Bremstrommeln an der Hinterachse wurden mit neuen Radbolzen, neuen Radbremszylindern, beidseitig neuen Simmerringen und neuen Radlagern bestückt. Die Ankerplatten wurden entrostet, lackiert und die für gut befundenen Bremsfedern und Bremsbeläge wieder verbaut. Das Differential hat eine neue Dichtung am Deckel, neues Differential Öl und einen neuen Simmering am Kardanwellenflansch bekommen. Da wir ein Hochdach nachgerüstet hatten, haben wir einen HA Stabilisator besorgt, welcher frische Gummis bekam. Zudem haben wir einen ALB nachgerüstet und neue Stoßdämpfer verbaut. Ebenfalls wurde ein neuer Bremsschlauch, überholte Bremsleitungen und neue Feder Briden installiert. Und weil das Auge mitisst, haben wir die gesamte Achse entrostet und lackiert.

An der Vorderachse haben wir beide Achsschenkel bolzen neu verpresst, mit Distanzscheiben das Höhenspiel beseitigt und frische Fettnippel verbaut. Zudem gab es neue Radlager, neue Radbremszylinder, neue Stabigummis, neue Bremsschlauche, neue Stoßdämpfer und neue Feder Briden. Die Achse wurde ebenfalls entrostet und neu lackiert. Außerdem haben wir alle Kugelköpfe der Lenkung mit neuen Gummis versehen oder ersetzt.

Neben diesen groben Arbeiten haben uns auch viele Kleinigkeiten auf Trab gehalten. So musste der Kabelbaum/Spritleitungen umverlegt und abgeändert werden. Des Weiteren wurde die Vorglühanlage zurück gebaut und das 12V/24V Startrelais samt Absteller wurde nachgerüstet.

 


Welche Schwierigkeiten (in unserem Fall) zu bewältigen waren

 

Eine zentrale Schwierigkeit beim Umbau des Antriebsstranges war das Ausbohren der Rahmennieten am Mercedes L407D. Diese halten sowohl die Vordere Rahmentraverse, die untere (innere) Rahmenverstärkung, Motorlageraufnahmen als auch Blattfederaufnahmen. Das Ausbohren der Rahmennieten wurde wie folgt getätigt: Zuerst wurde soweit möglich mit der Schrubbscheibe die Nietenköpfe abgesenkt. Anschließend die Mitte angekörnert und nacheinander mit 6mm, 8 mm und 10mm HSS Bohrer und viel Schneideöl durchgebohrt. Nach jeder Bohrstufe wurde versucht mit einem Durchtreiber und 500gr. Fäustling die Niete raus zu treiben. Definitiv Strafgefangenenarbeit und ich habe fast 5 mal einen halben Tag daran gearbeitet (mehr haben meine Hände nicht ausgehalten). Trotzdem hatte ich danach ein Karpaltunnel Syndrom in beiden Händen.

Durch das sehr alte Baujahr unseres Schlachtfahrzeugs verfügte das Fahrzeug über keinen Unterdruck betriebenen Bremskraftverstärker und folglich auch nicht über einen Luftpresser an der Seite des Motors. Nach der Demontage der Blindkappe wurde allerdings klar, dass die Nockenwelle eine abgedeckte Ölbohrung für die Aufnahme des Pleuellagers hatte. Somit musste „nur“ noch der passende 3-Loch (erste Serie) Luftpresser samt frischen Pleuellagern und Dichtungen verbaut werden.

Des Weiteren hatte das Schlachtfahrzeug stehende Pedale und somit eine Mechanische Kupplung. Da unser Bus hängende Pedale mit hydraulischer Kupplung hatte, mussten wir das passende Gestänge, eine Kupplungsnehmerzylinder und eine Adapterplatte zur Aufnahme dieses Zylinders besorgen.

Die innere Rahmen Verstärkung des L407D (om616) ist im Gegensatz zu 508D (om314) kürzer, sodass die hinteren Motordämpfer Aufnahmen des om314 nur passen, wenn die inneren Rahmen Verstärkungen des 508 auch nachgerüstet werden. Dies gilt es zu beachten.


was der Spaß so als Größenordnug kostet

 

Leider etwas chaotisch und sicherlich nicht 100% vollständig, aber als erster Eindruck sicherlich zu gebrauchen.

Posten

Kosten [€]

Schlachter

1300

Neuer Luftpresser inkl. Dichtungen

70

Pleullager Luftpresser

23,05

Silikonschlauch für Luftpresser zu BKV

19,9

Schlauchtülle und Reduzierer

29,93

Ausrücklager Kupplung

76,39

Kupplungsscheibe

40,2

Kupplungsdruckplatte

124,6

Pilotlager

13,28

Schwungradschraube

14,16

Wasserpumpe

82,49

4 Stoßdämpfer

173,5

Überholte ESD

180

Radbolzen, Ölwannendichtung, Lenkstage, 2 Spurstangen

90,26

Schraubensicherungslack

6,9

Hylomar Dichtmasse

7,9

4L Getriebeöl

13,99

2L Difföl

17,62

Reparatursatz, Stabilisatorlager VA

33,48

Lagerung Stabilisator HA

16

Öl und Ölfilter

56,7

Bremsflüssigkeit

10,38

Kabelbaumband

7,6

Grafitfett Blattfedern

8,23

Kardanwellenmanschette

60

Wellendichtring VA

11,79

2 Wellendichtringe HA

13,77

Wellendichtring Differential

9,2

Brantho Korrux 3 in1 Rostschutzfarbe

21,75

Lager SKF

9,63

Walzlagerfett

9,08

Luftfilter

7,93

4 Radbremszylinder

66,2

DT Kugelpfanne Gasgestänge

10,8

Motorlager vorne hinten

680

"Kugelkopf, Schaltgestänge", "Reparatursatz, Kupplungsgeberzylinder", Kraftstofffilter, "Reparatursatz, Kraftstoffpumpe", Keilriemen

30,29

Gaszug Leerlaufregler/Motorabsteller

18,87

100 M10 Schrauben, weitere Schrauben

100

Busbasis: Blattfederset + Kleinteile

207

2 Achsschenkelbolzen Repset VA

80

Summe

3.752,87

 

Natürlich haben wir gleichzeitig eine VA (100€), eine HA (200€), einen Motor (600€), ein Hochdach (500€) und viele weitere Teile (~1000€) aus dem Schlachter und unserem Bus gewonnen/verkauft, sodass von der oben stehenden Summe 2000-2.500€ abgezogen werden können.


wie lange wir gebraucht haben/Fazit

 

Die ganze Nummer hat inkl. Ausbau des om616 Antriebstrangs Vollzeit ungefähr 2,5 Monate gedauert. Allerdings wurde größtenteils alleine und mit einfachsten Mitteln gearbeitet (ohne Bühne). Zudem wurden zeitgleich die ausgebauten Teile verkauft und in diesem Zuge der Umbau auf Einzelbereifung, Elektrischen Motorlüfter, Papierluftfilter, Höherlegung und anderen „Kleinigkeiten“ durchgeführt. Dieser enorme Zeitaufwand kann sicherlich stark durch einen besseren Schlachter, mehr Erfahrungen, mehr Leute mit richtiger Werkstatt und geringeren Anspruch auf 2-4 Wochen gedrückt werden. Alles darunter halte ich für unrealistisch, es sei den es tritt wenig Unvorhergesehenes auf und ein sehr schneller Zugriff auf Ersatzteile für Eventualitäten ist gegeben. Ein weiterer Faktor ist sicherlich ausreichend Platz für so einen Umbau, diesen sollte man haben oder halt schaffen.

Würde ich es wieder machen? Definitive Nein, allerdings war es eine gute Erfahrung, die ich nicht vermissen möchte. Aber nächstes Mal wird halt gleich das Fahrzeug mit der passenden Motorisierung gekauft, obwohl ich auch gerne einen OM364 in meinen DüDo einbauen würde, jetzt sind ja alle Schrauben gängig und bei mir wohl mittlerweile sogar schon locker….